Pfarrer kommen - Pfarrer gehen

Verabschiedung von Pfr. Dr. Marcus Döbert

Pfarrer Dr. Marcus Döbert: selbst bei seinem Abschied ganz zivil

Schonungen, So., 19. Juni 2016. Ein letztes Mal hieß er die Gemeinde in der gut gefüllten Christuskirche willkommen. Ein Abschied nach nur vier Jahren. Am 1. März 2012 war Pfarrer Dr. Marcus Döbert zusammen mit seiner Frau, der Jounalistin Barbara Bedacht, frisch vom Hesselberg nach Schonungen gezogen; „aufgezogen“ lautet der Fachterminus, wie Dekan Oliver Bruckmann in seinen Abschiedsworten an Pfarrer und Gemeinde verdeutlichte. Die feierliche Installation fand damals am 4. März statt (s. LINK: https://www.schweinfurt-evangelisch.de/inhalt/einfuehrung-von-pfr-dr-mar...). Doch jetzt hatte sich für Döbert die Chance geboten, ab dem 1. Juli die III. Pfarrstelle in der Erlöserkirchengemeinde Bad Kissingen – immer noch Dekanat Schweinfurt – anzutreten. Wer greift da nicht zu, auch wenn dieser Wechsel „sicher schneller vonstatten geht, als manchem lieb ist. Pfarrer kommen – Pfarrer gehen“, so der Dekan ganz nüchtern. Such is eben life. Und da es sich nur um einen internen Wechsel handelte und man sich ja weiterhin in den Pfarrkonferenzen treffen würde, nahmen auch nicht viele Kolleginnen und Kollegen an diesem Gottesdienst teil.

Noch einmal resümierte Döbert sein Wirken, gepaart mit persönlichem Dankeschön, und bot all das auf, für das er in der Region bekannt geworden war: sein Veeh-Harfen-Ensemble „ChoriVeehen“, eine Taizé-Meditation und Musikgruppen, in denen auch von ihm Konfirmierte mitwirkten, darunter die „Zambranos“. Und dann natürlich seine Rhetorik als Prediger, diesmal über das Jesus-Wort „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist“ (Lukas 6,36):

Heutzutage verstünden die meisten Schüler das altmodische Wort „Barmherzigkeit“ nicht mehr. Er mache es ihnen aber am Beispiel des „barmherzigen Samariters“ verständlich, bei dem „sich innerlich etwas bewegt hat“, „eine spontane Regung des Herzens“. Der Pfarrer selbst definierte Barmherzigkeit mit „sich von anderen anrühren lassen, so dass man seine eigenen Prinzipien und Pläne aufgibt“, um „sich vom Herzen führen zu lassen“. „Durch Einfühlung können wir reifen.“

Dann wurde er (erwartungsgemäß?) wissenschaftlich: Empathie nenne man dies, was uns Menschen grundlegend von Tieren unterscheide, ja überhaupt erst zum Menschen mache. „Nur wir Menschen sind dazu frei, uns in die Perspektive eines anderen hineinzuversetzen, also einen Perspektivenwechsel zu vollziehen.“ Und noch tiefgründiger präsentierte er die neuesten Erkenntnisse aus der Hirnforschung: Wir würden Spiegelneuronen besitzen, das heißt Nervenzellen, die Gefühle und Stimmungen anderer Menschen, etwa ihre Schmerzen, auch bei uns zum Erklingen brächten und Mitgefühl auslösten. Ergo sei Empathie keine Gefühlsduselei, sondern habe nachweislich eine physiologisch-experimentell zugängliche Seite. „Da lässt sich die Grenze zwischen Ich und Du überschreiten.“

Leider sei die Tugend der Empathie in Gesellschaft, Politik und an Schulen selten geworden, weshalb der Pfarrer den Aufruf Jesu zur Barmherzigkeit der Gemeinde als persönlichen Abschiedsappell ans Herz legte: „Wie im Kleinen, so im Großen. Wie im Zwischenmenschlichen, so auf dem Weg zu Gott!“

Anschließend dankte KV-Vertrauensmann Günter Schneider dem Ehepaar für die geleisteten Dienste in Schonungen, wünschte ihm ein erfolgreiches, von Gott gesegnetes Schaffen in der weltbekannten Kurstadt und überreichte zwecks Erinnerung eine von Peter Lindacher angefertigte Zeichnung der Christuskirche samt Pfarrhaus.

Da die zu Verabschiedenden keine Grußworte wünschten, stand Dekan Bruckmanns Würdigung am Schluss: sein Dank für die vielen verschiedenen Gottesdienste, u.a. im Biergarten, die beeindruckt hätten, für das musikalische Wirken mit Veeh-Harfen, Gitarre und Band, das man als gabenorientierten Gemeindeaufbau bezeichnen könne, für die Schul- und Notfallseelsorge, die lebensnahen Kasualien und für die Begleitung baulicher Maßnahmen. Döbert sei ein typischer Diasporapfarrer gewesen, an den eben viele Erwartungen und auch viel Bürokratie herangetragen wurden. Dann entpflichtete er ihn zum 30. Juni von all diesen Dienstaufgaben für Schonungen. In Bad Kissingen könne er sicher an die hier gesammelten Erfahrungen anknüpfen. Vor dem Altar empfing das Ehepaar Gottes Segen.

Draußen, bei bestem Biergartenwetter und weitem Blick über die frühsommerliche Main-Landschaft, füllten sich recht schnell sämtliche Bänke. Brauerei Martin/Hausen schenkte ihren Gerstensaft aus, die Schlange am Bratwurstgrill wurde schier endlos, und persönliches Abschiednehmen von Ehepaar Bedacht/Döbert war angesagt. Trotzdem zeigte sich die Gemeinde bester Hoffnung, bald wieder Licht im Pfarrhaus brennen zu sehen.

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