Ãœber den Kirchenzaun geblickt:

Gründung der katholischen Stadtpfarrei Heilig Geist

Bischof Dr. Friedhelm Hofmann

Schweinfurt, Do. 25. Mai 2017, Hochfest Christi Himmelfahrt. Heilig Geist war die katholische Schweinfurter „Urkirche“ in der einstigen rein evangelischen Metropole. Der bisherige Dekanatsratsvorsitzende Werner May erinnerte daran, dass 1806 König Maximilian I. von Bayern Heilig Geist zu einer ordentlichen Pfarrei erhoben hatte, damals mit 250 Gemeindegliedern und 350 Militärpersonen.

211 Jahre später ist Heilig Geist wieder zur einzigen Stadtpfarrei geworden; die acht anderen Pfarreien sind in sie eingegliedert, auf deutsch: zu Filialgemeinden degradiert, ebenso die vier noch kein Jahrzehnt alten Pfarreigemeinschaften und das Dekanat Schweinfurt-Stadt aufgelöst worden.

„Neuordnung der Seelsorge“ nannte dies Noch-Dekan Stefan Redelberger, der bereits bei der Begrüßung der Großgemeinde in eigener Sache bekannte: „Ich gehe in diesen Gottesdienst als Dekan und verlasse ihn als Pfarrvikar.“ Die leitenden Gremien hätten sich in einem mehrjährigen Dialog gefragt: „Wie können wir heute Kirche sein und unsere Stärke stärken? Wie können wir die Botschaft Jesu Christi glaubwürdig verkündigen? Wie können wir Kirche sein für die Menschen mit den Menschen?“

Darum also nun die Gründung einer einzigen katholischen Stadtpfarrei mit neun Gemeinden, die in einem festlichen, mit reicher Chormusik ausgestatteten Pontifikalgottesdienst „gefeiert“ und besiegelt wurde. Der vor zwei Wochen 75 Jahre alt gewordene Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann war eigens gekommen, um noch vor seinem Eintritt in den Ruhestand diese eigentlich traurige Amtshandlung zu vollziehen. Feierlich verlas Domkapitular Christoph Warmuth das vom Bischof unterzeichnete Dokument.

Auch wenn der Bischof sie als Urkunde für eine Kirche, die Zukunft habe, wertete - „Schweinfurt ist damit Vorreiter für das Bistum Würzburg“ - und in seiner Predigt über den Missionsbefehl Jesu (Matthäus 28,16-20) diese geistliche Erneuerung angesichts von Gläubigen- und Priestermangel lobte, - für viele der 700 BesucherInnen klang es trotzdem nach Abschied. Hofmann appellierte, dass „die Schätze der Ehrenamtlichen gehoben werden“ müssten, damit die Kirche „ungeschmälert missionarisch“ tätig bleiben könne. Aber natürlich dürfe das Ehrenamt „auch nicht überfordert werden.“ Immerhin sei es tröstlich, Christus bis an das Ende der Welt bei uns zu wissen.

Ein Tisch an den Altarstufen wurde symbolisch reich gedeckt mit den spezifischen Charismen der einzelnen Gemeinden: So legte die Pfarreiengemeinschaft St. Anton-Maria Hilf eine „Hände“-Skulptur darauf nieder, die für Glaube, Güte und Nächstenliebe stehen soll. Die Christkönig-Gemeinde am Bergl brachte einen Stuhl und warb damit für Begegnungen. Die Heilig-Geist-Gemeinde, überregional bekannt für ihren Chor, firmierte mit einem Notenschlüssel, St. Josef mit dem Logo ihres Familienstützpunktes. St. Kilian ist stolz auf seine Jugendkirche kross und zeigte ein entsprechend bedrucktes T-Shirt. Ein Buch aus der Maximilian-Kolbe-Gemeinde wies auf die dortige Pfarrbücherei hin. St. Peter und Paul brachte mittels eines Globus das Thema „Eine Welt“ und ihre Verbundenheit mit Indien, Pakistan, Tansania usw. zum Ausdruck. „Viele verschiedene Elemente vereinigen sich zu einem großen Ganzen, das mehr ist als die Summe seiner Einzelteile“, - so der Mut machende Kommentar. Bezeichnenderweise fehlte aber eine Gemeinde: St. Michael … Zwar wurde die Stadtpfarrei betontermaßen ohne Gegenstimme aus der Taufe gehoben, aber es gab Enthaltungen.

Mutige, offene Worte fand Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé: „Nichts kommt so sicher wie der Wandel – in der Gesellschaft, im privaten Lebensbereich, in der Kirche. Heute hat hier ein Wandlungsprozess, ein Jahrzehnte langer Auszehrungsprozess, seinen vorläufigen Schlusspunkt erreicht. Wir sind Opfer und Mitgestalter zugleich.“ Der OB ermutigte dazu, diesen wehmütig stimmenden Tag als Chance und Aufbruch – nicht etwa als „ein Auslaufmodell“ - zu verstehen.

Als zweiter Grußredner sprach der stellvertretende evangelische Dekan Heiko Kuschel: Er thematisierte den Rückgang von Gemeindegliedern in der evangelischen Kirche, aber besonders den von Pfarrerinnen und Pfarrern aufgrund einer in den nächsten Jahren sich abzeichnenden riesigen Ruhestandswelle. „Auch wir werden unsere Strukturen ändern müssen. Unsere Aufgaben in der Welt sind: Christus verkündigen und geistliche Gemeinschaft finden.“ Abschließend bedankte er sich für die ökumenische Zusammenarbeit, die schon eingangs Pfarrer Redelberger beschworen hatte, als er coram episcopo „die Verbundenheit mit den evangelischen Christen, die wir in Schweinfurt pflegen“, rühmte.

Künftig wird Pfarrer Joachim Morgenroth die Stadtpfarrei leiten. Für die 20.000 katholischen Gläubigen [zum Vergleich: Schweinfurt zählt gut 15.000 Evangelische] stehen ihm neun Seelsorger zur Seite. Aber was ist das schon für so viele!