Das Pfarrhaus von Zell

 

Aus der Presse zitiert:

Kaum zu glauben, dass sich hinter dem Putz ein wahres Kleinod verbergen soll:

Pfarrhaus von Zell

 

(Foto: Bergler)

 

 

Sanierung statt Abrissbirne

Das 1614 errichtete Pfarrhaus in Zell steht unter Denkmalschutz 

Wiederherstellung kostet 770 000 Euro

„Was lange währt, wird endlich gut.“ Diese Worte prangten auf der Stellwand, auf der die Kirchengemeinde Zell am Dekanatskirchentag in Maßbach vor kurzem die Sanierung ihres Pfarrhauses vorstellte. Sehr lange schon gibt es Diskussionen und Planungen in puncto Pfarrhaus, das 1614 mit finanzieller Hilfe Schweinfurter Familien erbaut wurde und bisher 55 Pfarrer mit ihren Familien beherbergt hat. Seit 1990 steht das Gebäude, das zusammen mit der ehemaligen Schule und der Kirche ein ortsbildprägendes Ensemble in der Stadtrandgemeinde darstellt, allerdings wegen seiner Sanierungsbedürftigkeit leer.
 
„Die Abrissbirne war schon am Pendeln“, erinnert sich Dieter Vogt. Der Vertrauensmann des Kirchenvorstands berichtet, dass der Abbruch schon genehmigt war. An gleicher Stelle sollte ein Neubau errichtet werden. Denn niemand vermutete unter dem unansehnlichen Außenputz ein fränkisches Fachwerkhaus. Doch einem Mitglied des Kirchenvorstands fiel bei einer Begehung ein mit Schnitzereien verzierter Balken im Innern auf. Um ihn zu bergen und später im Neubau mit verwenden zu können, wurde Kreisheimatpfleger Karlheinz Hennig zu einer Besichtigung eingeladen.
 
Jetzt wurde erkannt, wie erhaltenswert die Bausubstanz dieses evangelischen Pfarrhauses ist, das mittlerweile als eines der ältesten in Bayern gilt. Das Haus wurde unter Denkmalschutz gestellt. Die tragenden Holzteile sind aus Eiche gefertigt. „Das macht die Qualität dieses Gebäudes aus“, sagt Architekt Werner Stretz.
 

Die Sanierung: eine Kostenfrage
 
Jedoch war die neue Situation in Zell nicht unumstritten. Viele Mitglieder der Kirchengemeinde hätten gesagt: „Reißt das Gerütsch weg“, erinnert sich Vogt. Nutzungskonzepte mit Sanierungsplänen und Finanzierungsmodellen wurden entworfen und wieder verworfen. Seit Juni 2006 wurden die Pläne aber immer konkreter, die eine Nutzung als Pfarrhaus mit Büroräumen für die Kirchengemeinde vorsahen. 2009 folgte die Baugenehmigung, November 2010 stand dann die Finanzierung.
 
Jetzt sind schon die ersten Handwerker zugange, die einige Schichten des Außenputzes entfernen müssen, um das Fachwerk freizulegen. „Es mussten viele Verhandlungen geführt werden“, berichtet Rüdiger Thiel. Dabei ging es hauptsächlich darum, wie das Geld für die Sanierung aufgebracht werden konnte. Der stellvertretende Verwaltungsstellenleiter ist zuständig für die Haushaltskassen der evangelischen Kirchengemeinden in den Dekanaten Schweinfurt, Rügheim, Bad Neustadt und Castell.
 
Die größten Anteile an den Gesamtkosten von rund 770 000 Euro zahlen die Bayerische Landeskirche und der Entschädigungsfonds. Dazu kommen Zuschüsse des Landkreises und der Gemeinde. Da die Pfarrstelle die drei Kirchengemeinden Zell, Madenhausen und Weipoltshausen umfasst, sind alle drei an der Renovierung zu je gleichen Teilen beteiligt.
 
Pfarrerin Valerie Ebert-Schewe, die die Pfarrstelle vertretungsweise innehat, betont, dass es wichtig ist, „ordentliche Räume in der unmittelbaren Nähe der Kirche zu haben“. So wird im zweigeschossigen Pfarrhaus, dessen Grundriss neun mal zwölf Meter misst, eine Wohnung für den Pfarrer hergerichtet. Im Nebengebäude sind das Pfarrbüro und ein Versammlungsraum geplant. Diese Räume erhalten einen separaten Eingang. Auch werden dort von außen begehbare WC-Anlagen errichtet.
 
Firmen der Region legen nicht nur das Fachwerk frei, sondern verputzen auch die mit Kalksteinen und Kalkmörtel gefüllten Gefache. Der Sockel aus großen Muschelkalkquadern bleibt unverputzt, damit die Feuchtigkeit aus dem Gebäude, besonders aus dem Keller, gut entweichen kann.
 
Anfängliche Missstimmung
 
Die Balken werden mit Leinöl gestrichen, und im Innern werden an den Außenwänden Ziegelsteinmauern zur Wärmedämmung vorgemauert. Die zweiflügeligen Sprossenfenster werden aus Holz sein. Für Architekt Stretz ist es wichtig, den ursprünglichen Grundriss wiederherzustellen, der dem eines fränkischen Bauernhauses gleicht. Deshalb wird die Eingangstür wieder an ihren alten Standort zurückversetzt. Eine Besonderheit ist an der Ostfassade zu entdecken. Durch ein Ladefenster konnten mittels Seilwinde Vorräte – wie zum Beispiel Getreide – in den Dachboden transportiert werden. Dieses Fenster wird erhalten, der Dachboden bleibt unausgebaut.
 
Den langen Planungszeitraum macht Ebert-Schewe mitverantwortlich für die anfängliche Missstimmung im Ort gegen das Projekt. Jetzt aber, da man sehe, dass endlich die Arbeiten beginnen, würden sich viele Zeller über das künftige Schmuckstück des Dorfes freuen. Und für die Pfarrerin erhöht sich die Attraktivität der Pfarrstelle, wenn die Kirchengemeinde ein ansprechendes Wohnobjekt bereitstellen kann. [...]
 
(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 20.6.2011, S. 28; Text: Rita Steger-Frühwacht)

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Zum Vergleich ein fünf Jahre zurückliegender Presseartikel:

Noch keine Entscheidung über Sanierung des historischen Pfarrhauses in Zell

Sechs Jahre dauert nun schon das Tauziehen um Abriss, Sanierung, Tausch und künftige Nutzung des Hauses. Zur Erinnerung: Die evangelisch Kirchengemeinde von Zell wollte im Jahr 2000 das alte Pfarrhaus im Besitz der Pfarrpfründestiftung abreißen und durch ein neues ersetzen. Die Abrissgenehmigung durch das Landratsamt war da, das Gebäude hatte nicht in der Denkmalliste gestanden. Kreisheimatpfleger Karl-Heinz Hennig erkannte die Bedeutung des Hauses und verhinderte schließlich dessen Abriss. Nicht unbedingt zur Freude des Kirchenvorstands.

2002 wurde ein Nutzungskonzept entworfen: Nicht als Pfarrerwohnung sollte das nun denkmalgeschützte Gebäude genutzt werden, sondern als Begegnungsstätte für die Gemeinde, als Jugendtreff. Das daneben liegende Schulhaus der politischen Gemeinde bedarf ebenfalls der Renovierung, steht aber nicht unter Denkmalschutz. Die Idee war, beide Gebäude zu tauschen und die Schule dann als Wohnung für den Pfarrer zu nutzen. An Sanierungskosten hatte Architekt Werner Stretz etwa 770 000 Euro für das alte Pfarrhaus ermittelt, rund 400 000 Euro für das Schulgebäude. ...

Zwei Grundpläne über eine Verwendung der Häuser gibt es derzeit, so Pfarrer Krauß: die Tauschidee mit der politischen Gemeinde, wobei der Eigenanteil der Kommune an einer Renovierung um die 450 000 Euro liegen würde ... Parallel dazu gebe es die Überlegung, das alte Pfarrhaus auch als neues zu nutzen - derzeit wohnt das Pfarrerehepaar wie sein Vorgänger in einer angemieteten Wohnung. ... Eine Dauerlösung ist die Mietwohnung nicht. Natürlich wäre es für die evangelische Kirchengemeinde das einfachste, etwa ein Einfamilienhaus zu kaufen oder zu bauen, weiß der Pfarrer. Aber was würde dann mit dem historischen Gebäude passieren? ...

(aus: Schweinfurter Tagblatt, 02.10.06, Text: Silvia Seidel)