Dagegen lässt sich nichts einwenden

Eröffnung der zweiten Vesperkirche in St. Johannis

Von hinten: Regionalbischöfin Gisela Bornowski segnet die Vesperkirchengemeinde

Schweinfurt, 17. Januar 2016. So gut wie alles hatten die rund 180 Ehrenamtlichen schon drei lange Wochen vor genau einem Jahr „durchgespielt“ und Änderungen oder Verbesserungen in die Neuausrichtung der Vesperkirche eingarbeitet. Trotzdem spürte man am Premierensonntag ganz deutlich Anfangsnervosität. Die verschiedenen Service-Teams mussten erst wieder zusammenfinden und sich aufeinander einstellen. Etwas stressig war auch die große Zahl von Fernseh-, Funk- und Pressevertretern, die (verständlicherweise) an hautnahen Szenen und einschlägigen Interviews interessiert waren.

Zudem hatte kurz vor Gottesdienstbeginn heftiges Schneetreiben, sogar von Blitz und Donner untermalt, eingesetzt und vielleicht den einen oder die andere im warmen Daheim bleiben lassen. Denn die Kirchenbänke waren zwar gut bestückt, aber an den Esstischen im Chor- und Hochaltarraum brauchte noch niemand einen Platz zu suchen. Auch begann der Gottesdienst ein paar Minuten später, da sich aufgrund der winterlichen Straßenverhältnisse das Eintreffen der Festpredigerin, Regionalbischöfin Gisela Bornowski, leicht verzögert hatte.

Geradezu euphorisch begrüßte Dekan Oliver Bruckmann die Gemeinde: Während Hunderttausende um die halbe Welt liefen, die Schere zwischen Arm und Reich auf dieser Erde immer weiter auseinander gehe und allüberall Grenzen aufgerichtet würden, „öffnen wir – Kirche und Diakonie – unsere Türen und laden Sie ein, unsere Gäste zu sein.“ Vesperkirche sei „ein Stück Gerechtigkeit auf Erden“ und ein Zeichen dafür, „dass es das Himmelreich wirklich gibt“. Da am heutigen Tag gleichzeitig in Nürnberg eine weitere Vesperkirche beginne, sei in der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Bayern inzwischen „eine richtige Bewegung“ entstanden.

Ihre Eröffnungspredigt begann Regionalbischöfin Bornowski mit der nicht weniger überschwänglichen Feststellung: „Die Kirche ist heute mit richtigem Leben erfüllt. Viele unterschiedliche Menschen treffen aufeinander, um Gemeinschaft zu erleben, aber auch Trost zu spüren.“ Damit leitete sie zur Jahreslosung über: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet“ (Jesaja 66,13). Leider sei es in unserer Gesellschaft nicht ratsam, sich schwach und trostbedürftig zu zeigen. Und doch warteten wir alle auf Trost, denn: „Ohne Trost kann niemand leben“. Sonst würde man hart, bitter und zerbreche gar am Ende.

Echter Trost sei beim mütterlichen Gott zu holen, vor dem wir uns nicht zu schämen bräuchten: „Nichts ist für ihn zu banal.“ Unter Trost versteht die Bischöfin einfach, „dass jemand da ist“. Man solle keine Worte suchen, wo es keine Worte gebe, und auch nichts zu erklären versuchen, wo es nichts zu erklären gebe. Zum Beispiel sollten die Traurigen traurig sein dürfen. Trost bestehe konkret etwa im Sich-Umarmen, im Spüren von Nähe, in einem Wort, das weiterträgt, auch in einem Gebet oder Lied, das hängen bleibt. Dem anderen „ein Brot schmieren“ oder „eine Suppe kochen“ könne ebenfalls wahrer Trost sein.

Damit kam Bischöfin Bornowski wieder auf die Vesperkirche zu sprechen: Gerade der Alltag sei der Ort von Gottes Trost und Fürsorge. Dazu brauche er „Gutmenschen“ - dies im positiven Wortsinn! -, die sich aus Güte für andere einsetzen und dafür auch Opfer bringen würden - „so wie die vielen Ehrenamtlichen in der Vesperkirche.“ Denn Trost gehöre zu den Freuden des Lebens, die wir uns nicht selbst geben könnten, vielmehr: „Gott will durch uns trösten.“ Überhaupt sei die Vesperkirche ein Zeichen von Gottes Kommen in diese Welt, ein Weiterwirken der Weihnachtsbotschaft des Engels: „Fürchtet euch nicht!“

Judith Sauer intonierte sodann an der Orgel das passende Gemeindelied: „Brich mit den Hungrigen dein Brot ...“ (EG 420). Darüber hinaus trugen die kristallklaren, lupenreinen jungen stimmen schweinfurt unter Leitung von KMD Andrea Balzer zur musikalischen Ausgestaltung des Gottesdienstes bei, besonders eindrucksvoll ihr irisches Segenslied “... and until we meet again may God hold you in the palm of his handˮ.

Am Ende stellten Dekan Bruckmann und Diakonie-Chef Jochen Keßler-Rosa St. Johannis offiziell für die kommenden drei Wochen „in den Dienst einer Vesperkirche“, und die Bischöfin spendete den Segen an alle.

Dann ging es auch schon für die Ersten nach vorn an die Tische mit ihren 115 Plätzen. Die Wartezeit für die Übrigen hielt sich in erträglichen Grenzen. Übrigens: Zum Auftakt gab es Tagessuppe, sodann Spießbraten mit zwei Kartoffelknödeln und Krautsalat, für Veganer Tortellini mit Käsefüllung, anschließend in der Cafeteria Kaffee mit hausgemachtem Kuchen. Und das alles für 1,50 €. Dagegen lässt sich wirklich nichts einwenden, - natürlich auch nicht gegen den Eröffnungsgottesdienst insgesamt. Erste Bilanz: 332 Essen am Tag Nr. 1.

(Sehen Sie dazu die Videos von SW-ntv: https://www.youtube.com/watch?v=q00qgXkF2iw und vom BR-Fernsehen: http://www.br.de/mediathek/video/sendungen/nachrichten/vesperkirche-nuer... ;

verfolgen Sie außerdem die Pressemeldungen unter: http://www.vesperkirche-schweinfurt.de )