PRESSESCHAU: Flüchtlinge an Land ziehen

Themengottesdienst von Dreieinigkeitskirche und ai Schweinfurt

Eingangsportal der Dreieinigkeitskirche im Musikerviertel

Schweinfurt, 21. September 2014. Schweinfurt erhält die Erstaufnahmeeinrichtung von Asylbewerbern für Unterfranken. [...] Am Freitag dieser Woche (26. September) ist außerdem der Weltflüchtlingstag. Beides haben die Schweinfurter Gruppe von amnesty international und die Dreieinigkeitskirche zu einem Themengottesdienst am Sonntag unter dem Motto „Flüchtlinge bei uns“ veranlasst. Es war eine beeindruckende Stunde.    

„Gott hat alle Menschen gleichwertig geschaffen“, sagt Pfarrerin Eva Loos zum Auftakt. Dann schildert sie die aktuelle Lage, den Terror durch IS und andere islamische Gruppen, die erst am Wochenende dazu führten, dass 45 000 irakische Kurden sogar in die Türkei geflohen seien, wo Kurden nicht unbedingt gelitten seien.

Loos stammt aus einem Dorf bei Zirndorf. Schon in den 1950er und 1960er Jahren habe es dort eine damals noch Ausländerlager genannte Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge gegeben. Die Eltern hätten sie und ihre Schwester zur Vorsicht ermahnt, ja vor den Ausländern gewarnt. „Ich hatte deshalb vor Ausländern Angst und war voller Vorurteile“, sagt Loos.

Erst als eine junge Türkin, ab der 8. Klasse, zu ihrer besten Freundin wurde, habe sie festgestellt, dass „Ausländer genauso Menschen sind wie ich“, Menschen, die gerne wie wir alle in Würde und Freiheit leben wollen. Es habe damals in Zirndorf und Nürnberg Straftaten durch Ausländer gegeben. Der Grund dafür sei aber gewesen, dass man die damaligen Flüchtlinge nicht „mit unserer Kultur vertraut gemacht hat“. Es habe damals im Gegensatz zu heute auch kein solch erfreuliches ehrenamtliches Engagement, keine solche Willkommenskultur gegeben.

Alle heutigen Asylbewerber, die sie kennengelernt habe, seien nicht freiwillig hierher gekommen, sondern unter „unvorstellbaren Risiken und Strapazen“ vor Gewalt, Willkür und wegen Morddrohungen geflüchtet. Deutschland aber überhaupt zu erreichen, sei schwer, weil man es zur Festung ausgebaut habe. Loos erinnert an die vielen Verzweifelten, die auf der Flucht im Meer ertranken und hebt ein Plakat hoch: Es zeigt einen unbekannten, dunkelhäutigen jungen Mann, der aufs weite Meer schaut und drüber steht „Kein Land in Sicht“. Loos fragt, warum sich unser Land abschottet und stellte fest, dass das „gelobte Land für alle offen steht, das ist Christenpflicht“.

Bert Wohlfahrt von amnesty Schweinfurt schildert das Schicksal der 32 Jahre alten, dreifachen Mutter Tahera aus Afghanistan, der auf unglaubliche Weise die Flucht nach Deutschland gelungen ist. An der Grenze zwischen der Türkei und Griechenland verliert sie ihren Mann, der beim Versuch, zwei andere Frauen aus dem Fluss Evros zu retten, umkommt.

Weltweit sind aktuell 45 Millionen auf der Flucht, allein 2012 zwangen die Konflikte auf der Welt 7,6 Millionen Menschen zur Flucht, „das sind 23 000 pro Tag“, sagt Wohlfarth. [...] 2013 baten in Deutschland knapp 110 000 Menschen um Asyl. [...]

In den Fürbitten und vor dem Segen wird dazu aufgefordert, sich dem Problem, sich den Flüchtlingen anzunehmen, wie das zum Glück schon viele Bürger in Stadt und Landkreis tun. „Kein Volk auf Erden ist Deinem Herzen näher als das Volk der Flüchtlinge“, heißt es am Ende unter Beifall.

(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 22. Sept. 2014, S. 25; Text: Hannes Helferich; Foto: Bergler)