Nein zu Gewalt an Frauen

Zum 12. Mal: Fahnenaktion in Schweinfurt

"Frei leben ohne Gewalt": Aufschrift auf zwei Fahnen - in deutscher und türkischer Sprache

Schweinfurt, 26. November 2012. Trotz trüben Wetters fanden sich auf dem Martin-Luther-Platz vor dem Friedrich-Rückert-Bau rund fünfzig Frauen, dazu eine Handvoll Männer ein, um ein Zeichen, konkret: um Flagge für ein gleichberechtigtes, selbstbestimmtes und freies Leben von Mädchen und Frauen weltweit zu zeigen. Heide Wunder, Leiterin der Gleichstellungsstelle für Frauen der Stadt Schweinfurt, begrüßte sie im Namen aller Religionsgemeinschaften und Initiativen wie Frauenplenum, amnesty international und der Dekanatsfrauenbeauftragten. Seit zwölf Jahren begehen sie hier gemeinsam den „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ im Rahmen der von Terre des Femmes, der gemeinnützigen Menschenrechtsorganisation für Frauen, initiierten Fahnenaktion.

Zum ersten Mal war aber der Oberbürgermeister gekommen. OB Sebastian Remelé erinnerte in seinem Grußwort an die offizielle Initiierung dieses weltweiten Aktionstages 1999 durch die Vereinten Nationen. Hintergrund für dessen Entstehung sei die Verschleppung, Vergewaltigung und Ermordung von drei Schwestern im Jahr 1960 in der Dominikanischen Republik durch Soldaten des ehemaligen Diktators Trujillo gewesen.

Das diesjährige Motto „Zerbrochene Lebensträume – Frauenhandel und Zwangsprostitution“ aufgreifend, sprach der OB von 2,4 Millionen Opfern weltweit, davon zirka 270000 in den Industriestaaten. Er wünschte sich aber eine stärkere Beteiligung auch seiner „männlichen Geschlechtsgenossen“ an dieser jährlichen Aktion, um noch mehr Sensibilität für diese Problematik zu schaffen.

Renate Hofmann, Leiterin der Bad Kissinger Beratungsstelle der überkonfessionellen und überparteilichen Hilfsorganisation SOLWODI („Solidarity with Women in Distress“, „Solidarität mit Frauen in Not“), führte in ihrer Rede aus, dass Menschenhandel zu den lukrativsten Formen der Kriminalität gehöre. Das Geschäft mit der „Frischfleisch-Ware Frau“ stelle eine Verletzung der elementarsten Menschenrechte dar. Daher forderte sie für die Opfer eine gesicherte Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland sowie medizinische und psychologische Hilfen, wofür die öffentlichen Mittel aufgestockt werden müssten.

Anschließend wurden eine deutsche und eine türkische Fahne mit dem Aufdruck: „Frei leben ohne Gewalt“ gehisst. Nach dieser Fahnenaktion lud Pfarrerin Elke Münster zu einer Andacht in den Chorraum der St. Johanniskirche nebenan ein. Alle Religionen seien der Überzeugung, dass es auch Gott betreffe, wenn Menschen misshandelt würden, führte die Geistliche aus. Selbst in der Stadt Schweinfurt mit ihren 32 Bordellen gelte es die Augen aufzuhalten und auf die Problematik aufmerksam zu machen.

Sodann wurde ein Film über Frauenhandel gezeigt, wobei Opfer, Menschenhändler, Freier sowie Hilfsorganisationen zu Wort kamen. Mit Lügen und Lockangeboten werden Frauen besonders aus Osteuropa geködert. Zum Teil drastische Schilderungen ihres Leidensweges waren zu hören, aber auch davon unbeeindruckte Äußerungen ihrer „Kunden“, die dieses Geschäft als „Entwicklungshilfe ohne Verwaltungsgebühren“ bezeichneten. Die Schlusssequenz mahnte: „Die Würde der Frau ist (un)antastbar.“

Ferner betonte Ayfer Fuchs, Integrationsbeiratsvorsitzende der Stadt Schweinfurt, als Vertreterin des Islam, dass jegliche Respektlosigkeit gegen Frauen im Koran verboten sei. Und Vertreterinnen der Bahai-Religion sangen: "Wisst ihr, warum wir euch alle aus dem gleichen Staub erschaffen haben?" mit der Antwort: "Damit sich keiner über den anderen erhebe." Pfarrerin Münster beschloss die Andacht mit dem Hinweis auf die christliche Adventszeit: „Gott ist schon unterwegs zu uns, um uns Hilfe und Rettung zu bringen.“ Nach dem Segen stimmten alle das Protestlied der US-Bürgerrechtsbewegung an: „We shall overcome“.