Glaubensgespräche bei Tisch

Die Verantwortlichen des „Grünen Gockel“ luden zu Tischgesprächen über Schöpfung und Naturwisschenschaft ein – etwa 30 Teilnehmende kamen

Bild des Benutzers Heiko Kuschel
Reges Interesse an den Tischgesprächen: Alle 30 Plätze sind besetzt.

Niederwerrn. Wie passen Schöpfungserzählungen und Urknall zusammen? Ist das nicht ein absoluter Widerspruch? Dieser oft diskutierten Frage widmeten sich die ersten „Tischgespräche“ im Martin-Luther-Haus Niederwerrn. Eingeladen hatten die Verantwortlichen des „Grünen Gockel“, dem Klimaschutzmanagement-Programm der Evangelischen Kirche, in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Bildungswerk.

In lockerer Runde bei (regionaler und vegetarischer) Brotzeit und Getränken lernten sich die Teilnehmenden an den Tischen persönlich kennen und diskutierten über die aufgeworfenen Fragen.

Pfarrer Dr. Wolfgang Weich stellte sich im Interview den Fragen von Moderatorin Renate Käser. Er erzählte von seinem Werdegang als Physiker, der später Pfarrer werden sollte.

„Dass man mit Mathematik die Natur beschreiben kann, hat mich schon immer fasziniert“, meinte er. Mathe und Physik habe er aus Interesse am Fach studiert. Aber die menschlichen Kontakte hätten ihm gefehlt. Und nach und nach wurde ihm klar, dass die Ressourcen dieser Welt begrenzt sind, während die Ansprüche der Menschen und der Energiehunger mit jeder neuen Technik größer werden.

„Wenn wir was ändern wollen, müssen wir bei den Menschen ansetzen“. Und so habe er schließlich Theologie studiert, um die lebensbejahende biblische Botschaft weitergeben zu können.

Urknall und Schöpfungserzählungen seien für ihn überhaupt kein Gegensatz. Schon die babylonischen Priester seien gewissermaßen die Wissenschaftler ihrer Zeit gewesen. Sie hätten die Natur beobachtet, konnten sogar Mondfinsternisse voraussagen. In die biblischen Schöpfungserzählungen flossen alle Erkenntnisse der damaligen Zeit ein. Die Pointe ist nicht ein Ereignisbericht, sondern die Aussage: „Gott war immer schon da und hat alles in der Hand.“ Da sieht Weich keinen Widerspruch. „Heute würden wir die Schöpfungsgeschichte anders schreiben, aber diese Aussage bleibt die gleiche“.

Angeregte Diskussionen ergaben sich anschließend in den Tischgruppen bei Brotzeit, Wein und alkoholfreien Getränken, virtuos umrahmt durch stimmungsvolle Musik von Franka Böhm an der Klarinette.

In einem zweiten Teil stellte sich Sozialpädagogin Ingeborg Dümpert den Interviewfragen: Welche Zukunft hat die Erde?

Sie betonte, dass es nicht immer um Verzicht gehe. Sondern eigentlich darum, mehr zu haben: Mehr Bescheidenheit, mehr Fußgänger, mehr Regionales, mehr Liebe und Freundlichkeit. Aber auch von manchem weniger – etwa von Autos, Flugzeugen, Konsum, Hass und Kriegen.

Nach einer weiteren Diskussionsrunde an den Tischen stellten sich beide den Fragen aus dem Publikum. Auch Dr. Weich betonte, es sei leichtsinnig, den wissenschaftlichen Konsens zu vernachlässigen. Physiker könnten zwar neue Techniken entwickeln, aber solange der Energiehunger immer größer werde, könne das nicht die Lösung sein. Wir werden uns einschränken müssen, können unseren Lebensstil nicht so weiter führen. Aber dennoch kann es ein Leben geben, das nicht nur Verzicht ist.

Die Welt selbst werde nicht untergehen – doch unsere Lebensgrundlagen als Menschheit sind sehr gefährdet. Dennoch gibt es ein Leben, das nicht nur aus Verzicht besteht, sondern das auch wirklich lebenswert ist.

Ingeborg Dümpert ergänzte dazu: „Wir sind als Christinnen und Christen dazu aufgefordert, am Reich Gottes mitzuarbeiten!“ Als Mitverantwortliche beim „Grünen Gockel“ wünschte sie sich, mehr Menschen dafür begeistern zu können. „Sich umweltbewusst zu verhalten, kann auch Spaß machen! Wir haben als Menschheit schon so vieles geschafft“.

Dafür, so Dümpert, müsse Politik aber die Rahmenbedingungen schaffen. Auch die Kirche sei hier gefragt, oft gehe es zu langsam, aber dennoch gebe es Fortschritte. Als Beispiel nannte sie die Verwendung von fairem Kaffee, der vor Jahrzehnten noch verpönt und als schlecht schmeckend verschrien war, während es heute in den meisten Kirchengemeinden selbstverständlich sei, darauf zu achten.

Nach gut zwei Stunden endete der Abend mit einem letzten bewegenden Stück an der Klarinette, bei dem Franka Böhm das Publikum mit einbezog.

Ein intensiver Abend, in dem ein spannendes theologisches Thema einmal tiefgehender beleuchtet wurde.

Ob es weitere Tischgespräche zu anderen Themen geben wird? Noch ist keine Entscheidung gefällt, doch nach dem großen Erfolg des ersten Durchgangs ist es durchaus wahrscheinlich – und auch wünschenswert.