45 Jahre alte Höhensonne strahlt wieder

Zweites Repair-Café in Schweinfurt

Man glaubt kaum, wie viel technisches Equipment allein schon an einem Tisch erforderlich ist.

Schweinfurt, 10. Okt. 2015. Ja, gleich um 10.00 Uhr, bei der Öffnung der Pforte, habe es regen Andrang gegeben, aber inzwischen sei der Ansturm vorbei, und alles laufe in geordneten Bahnen ab. So Kurt Krause, Ehemann der Organisatorin Emmi Sengfelder. Der Umweltbeauftragten des evang.-luth. Dekanats Schweinfurt ist es zu verdanken, dass sich diese ökumenische Initiative auch in Schweinfurt etabliert hat.

Im geräumigen Gemeindesaal von St. Anton lässt sich gut der Überblick behalten. Tatsächlich sieht und hört man gleich, dass es heute, beim zweiten Mal, zur Mittagszeit eher beschaulich zugeht. Beim ersten Repair-Café vor einem halben Jahr war es genau umgekehrt: Zunächst wenig Betrieb, doch am frühen Nachmittag mussten aufgrund unerwartet aufkommenden Andrangs leider einige auf diesen neuen Termin vertröstet werden.

Gegenüber der Premiere im April ist diesmal die Anordnung der Tische optimiert: Hufeisenförmig wurden sie gestellt. Außen herum sitzen nun die Kunden und ihnen gegenüber innen die Reparateure. Diese Freiwilligen kommen aus Gochsheim, Schwebheim, Ober- und Niederwerrn, Schweinfurt und vielen anderen Orten und opfern ihre Freizeit, aber dies, wie man ihnen ansieht, mit viel Freude und Hingabe, anderen Menschen preiswert helfen zu können und zugleich im Wissen darum, etwas für die Ökologie und gegen die Konsum- und Wegwerfgesellschaft zu tun.

Neu ist auch, dass es Laufzettel gibt: Jede und jeder erhält bei der Anmeldung am Eingang eine Nummer und wird sodann auf die Abteilungen E (Elektronik), M (Mechanik), H (Holz), T (Textilien) oder F (Fahrrad) verteilt. Zur rechten Zeit erscheint der Aufruf per Nummernprojektion an der Wand, und die Leute werden, ebenfalls von Ehrenamtlichen, an den sie betreffenden Stand geleitet.

Da funktioniert ein Bügeleisen nicht mehr so, wie es sollte. In einem schier vorsintflutlichen Radio lassen sich bestimmte Sender nicht mehr finden, ein Crepes-Waffeleisen wird gerade in seine Einzelteile zerlegt; ein Wasserkocher hat offenbar seinen Geist aufgegeben. Die Holz-Abteilung sei diesmal weniger gefragt, meint Herr Krause, ehedem Lehrer u.a. für Mathematik, jetzt Schulrat. Sein „Spezialgebiet“, wacklige Stühle zu leimen, ist heute nicht der Renner.

Hoch erfreut zeigt sich Frau Sengfelder über die große Presse- und Fernsehresonanz. Sogar in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ, 28. Sept. 2015) erschien ein längerer Artikel über das Schweinfurter Repair-Café; Titel: „Neuer Saft fürs alte Radio“.

Inzwischen ist es Viertel nach eins, und Kunde Nr. 100 ist gekommen. Eine Weihnachtspyramide, natürlich aus dem Erzgebirge, mit leicht angekokeltem Flügelrad, ist wieder gängig zu machen. Und während der Wartezeit gibt's für wohl eher symbolischen Preis Kaffee und selbst gebackenen Kuchen satt. Schließlich liegt ja der Akzent nicht nur auf „Repair“, sondern auch auf „Café“.

Die reinste Freude strahlt eine ältere Frau, draußen auf ihrem Nachhauseweg, aus: in ihrer Tragtasche eine reparierte Höhensonne mit Infrarot-Strahler: „Die ist zwar schon 45 Jahre alt“, verrät sie stolz, „aber einen solchen Wärmespender gibt’s nicht noch einmal.“

Die Nachfrage nach dem Repair-Café ist auf jeden Fall stabil geblieben. Von daher ist ein nächstes Mal kein Thema. Vielleicht öffnet es seine Tore im Rahmen der zweiten Vesperkirche. Zumindest schauen sich die Verantwortlichen schon mal nach kundenfreundlichen Räumlichkeiten im Umkreis von St. Johannis um.

Ergänzung von Frau Sengfelder:

Sehr erfreulich ist, dass sich die Zahl der Helfer vergrößert hat, die vor allem aus dem letzten Repair Café generiert wurden. Es kamen sowohl fünf neue Reparateure hinzu, als auch vier für das Drumherum. So hat sich auch die Lebenshilfe mit eingebracht, deren Unterstützung uns sehr gefreut und geholfen hat. Besonders schön finde ich, dass unsere Mitarbeiter aus allen Altersgruppen kommen. Die jüngsten sind Schüler der zehnten Klasse und die ältesten pensionierte Ingenieure. Sie unterstützen sich gegenseitig und lernen voneinander.

So berichtet ein Reparateur, dass er es toll fand, wie die Reparateure sich gegenseitig unterstützten und im Team arbeiteten, denn bei manchen Dingen, wie z.B. bei einer Nähmaschine, war ganzheitliches Arbeiten gefragt. Sie musste repariert werden, aber dann musste auch die Spannung, etc. eingestellt werden.

Viele der „Kunden“ waren sehr dankbar. Ich erinnere mich an ein ältere Frau, die alte Pürierstäbe dabei hatte, und diese nicht gegen neue ausmustern wollte, weil sie mit ihnen so gut zurecht kam. Es gab aber auch ganz junge Besucher. So kam ein Vater mit seiner etwa fünfjährigen Tochter. Sie hatten drei Füße an ein Spielzeugklavier zu leimen, was sehr schnell gemacht war. Er sagte: „Meine Tochter wollte unbedingt zum Repair Café.“ So suchte er halt etwas, was man mitbringen konnte.

Bald gibt es ein Treffen, an dem wir entscheiden, wie es weitergeht. Die Motivation ist groß. Ich denke, wir werden noch ein paar Repair Cafés in Schweinfurt erleben – so Gott will.

Â